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Der Sieg der Liebe über die Angst

 

Kommentar zum Film „Mandela- der lange Weg zur Freiheit“

 

Von Carmen Eva Leitmann

 

Ich hatte einen weisen Geschichtslehrer. Anstatt uns Jahreszahlen auswendig lernen zu lassen, brachte er uns bei, dass Geschichte logisch ist und wenn man ein Volk lange Zeit ausbeutet, oder unterdrückt, dann entstehen dadurch Aufstände, Revolution und Kämpfe.

Wer den Film „Mandela - der lange Weg zur Freiheit“ gesehen hat, der in Gedenken an Nelson Mandela, anlässlich seines 100sten Geburtstags (am 18.7.) im Fernsehen ausgestrahlt wurde, fühlte sich in die Zeit der Apartheit (1948 – 1994) zurück versetzt. In dieser Filmbiografie  wurden die Memoiren Nelson Mandelas verarbeitet. Als Zuschauer konnte man, in einer ziemlich detaillierten Darstellung,  Mandelas Lebensweg verfolgen, dessen Wirken, weit über den Befreiungskampf der schwarzen Bevölkerung in Südafrika hinaus, Spuren hinterlassen hat. Sie zeigen seine Anfänge als engagierten Strafverteidiger im unter Rassentrennung leidenden Südafrika, seinen Aufstieg im African National Congress, seine Radikalisierung zum Untergrundkämpfer, die 27 Jahre der Haft, die er auf der Gefängnisinsel Robben Island verbracht hat und seine Wandlung zum Staatsmann. Daneben beschreibt der Film Mandela auch als Privatmann und zeigt Szenen aus seiner Ehe mit Winnie Madikizela, die mit ihrem Beharren auf radikalen Positionen, ebenfalls politisch weitreichenden Einfluss ausübte.

Man sieht Mandela als einen Mann, der zunächst, über eine lange Strecke, mit friedlichen Mitteln versucht hat auf die Unterdrückung und die respektlose Behandlung gegenüber der schwarzen Bevölkerung hinzuweisen. Doch als die Gewalt gegen die Schwarzen, die immerhin im eigenen Land von den Weißen unterdrückt wurden, noch mehr zunahm und Menschen ermordet wurden, beging er einen folgenschweren Fehler, weil er sich dazu hinreißen ließ, Gleiches mit Gleichem zu vergelten und auch zu gewalttätigen Mitteln zu greifen. Er wurde gefasst und zu lebenslänglicher Haft auf einer Insel verurteilt, mit  Demütigungen, harter Arbeit und dem Leben in einer primitiven winzigen Zelle. Er ging bewußt nicht in Revision gegen das Urteil, sondern nahm es an.
Auf der Gefängnisinsel lernte er, trotz vieler Provokationen seitens der Wärter, sich nicht mehr zum Zorn reizen zu lassen und seinen Groll zu wandeln.
Parallel wird im Film der Weg seiner Frau Winnie gezeigt, die auch mehrfach verhaftet wurde, gedemütigt, in Einzelhhaft gesteckt und man sah, dass diese Grausamkeiten, sie immer wütender und hasserfüllter haben werden lassen, sie rief auch ihre schwarzen Mitbürger dazu auf, mit brutalen Mitteln zurückzuschlagen

Während Mandela lernte, dass Gewalt weitere Gewalt nach sich zog, wurde seine Frau blind vor Hass. Als er nach 27 Jahren Haft von der damaligen weißen Regierung eingeladen wurde, als Vermittler zur schwarzen Bevölkerung zu fungieren (die immer lautstarker seine Befreiung forderten), sah man einen geläuterten Mann.  Er hatte sich nicht brechen lassen und er war auch nicht hasserfüllt.  Im Gegenteil – er hielt seine Enkel, die bereits mit Unterdrückung, Haß und Gewalt aufgewachsen waren, dazu an, nicht Gleiches mit Gleichen zu vergelten, sondern dass man den Weißen Mitbürgern zeigen muss, dass sie es besser wissen. Dass es darum geht, gleichberechtigt und friedlich nebeneinander zu leben. Mit gleichen Rechten und respektvoller Behandlung für alle. Auch, dass man diesen Weg  und das gewünschte Verhalten, vorleben muss,  ein Vorbild sein muss, nicht nur predigen, oder es nur von anderen verlangen. 

Die Regierung fragte ihn: „Wie soll das gehen, die Leute sind bereits hasserfüllt und gehen aufeinander los, wie sollen wir das ändern?“ und Mandela antwortete ihnen: „Wir sind ihre Führer, wir müssen es ihnen vermitteln, dass der Weg des Hasses und der Gewalt nichts bringt, das ist unsere Aufgabe“, sagte er. „Wir, als ihre Führer, müssen sie dazu bringen, dass sie diesen Weg als den erfolgreichen anerkennen und auch einschlagen. Der schwarzen Bevölkerung vermittelte er: „Ich weiß dass ihr wütend seid, doch Ihr müsst ihnen vergeben. Wenn ich es kann, dann könnt ihr es auch.“

Den weißen Politikern erklärte er: Ich habe gesehen, was die Angst aus Euren Leuten gemacht hat. Sie hat sie brutal werden lassen. Aus Angst vor der Vergeltung der schwarzen Bevölkerung, für die Ungerechtigkeit und das Leid das ihnen zugefügt wurde, wurden sie grausam. Deshalb gibt es nur einen Weg. Den Weg der Liebe und des Friedens, in einem Land mit gleichen Rechten für alle.“
Er distanzierte sich von dem radikalen Weg seiner Frau, und trennte sich sogar von ihr.

Als  er von den weißen Politkern gefragt wurde, was er sich denn für sich persönlich wünsche – als Gegenleistung für seine Beratung und Vermittlung -  und das wäre für ihn die Gelegenheit gewesen sich zu rächen, oder Kapital aus seiner Lage zu schlagen – blieb er bescheiden und sagte, dass er sich selbst auch Frieden wünsche und ein gleichberechtigtes Miteinander, den Weg der Liebe, anstatt der Angst.

 

 

Chiemgau im Juli 2018